Gastbeitrag von Rainer Wendt Statt Polizisten zu schützen, werden sie unter Generalverdacht gestellt In Trier wurden Polizeibeamte bei einem nächtlichen Einsatz am Freitag mit Schaufeln und Glasflaschen von bis zu 40 Personen angegriffen. Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, sieht Handlungsbedarf bei der Politik, die an vielen Stellen umdenken sollte.

dpa Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPoIG), Rainer Wendt.

Gastautor Rainer Wendt

Montag, 20.02.2023, 12:20

Wieder einmal sind sie alle empört, schockiert, fassungslos oder wütend. Und was nie fehlt, ist die Forderung nach der vollen Härte des Gesetzes, mit der Täter jetzt rechnen müssen.

In Trier hatten sich etwa 40 Personen zusammengerottet und waren unter anderem mit Eisenstangen auf einige wenige Einsatzkräfte der Polizei losgegangen. Resultat: 5 Verletzte auf Seiten der Polizei, die sich nur durch Warnschüsse aus akuter Lebensgefahr retten musste.

Die Reaktionen der Politik sind die gleichen wie nach der letzten Silvesternacht in Berlin, allen voran unsere Bundesinnenministerin, die die Empörungsriege stets anführt. Dem Ritual der Betroffenheit folgen in sicherer Regelmäßigkeit dann die Beschwichtigung ("laut Statistik sinkt die Kriminalität") und die Warnung vor Überreaktion.

Dann folgt unmittelbar der Übergang zur Tagesordnung. Statt für moderne Technik, etwa Videoaufklärung zur Beweissicherung, oder notwendigen Befugnissen zur Gefahrenabwehr, kümmert sich Frau Faeser lieber um Kontrollquittungen und Kennzeichnungspflicht für die Bundespolizei.

Reichsbürger-Generalverdacht

Und natürlich darf das neue Bundesdisziplinargesetz nicht fehlen. Mit dessen Hilfe werden alle Vollzugskräfte der Bundespolizei unter Reichsbürger-Generalverdacht gestellt, um unliebsame Leute möglichst ohne vorherige richterliche Prüfung rauswerfen und ihrer Existenz berauben zu können.

Und wie im Bund klaffen auch in etlichen Ländern die angebliche Wertschätzung und das Vertrauen in die Einsatzkräfte und die Lebenswirklichkeit weit auseinander. Während die tapferen Frauen und Männer ihre Köpfe für die Verteidigung von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit hinhalten, fabuliert die Politik von "Racial Profiling", von "rechtswidriger Polizeigewalt" und "strukturellem Rassismus", den es angeblich in den Sicherheitsbehörden gäbe.

Nur ein starker Staat kann verfassungsmäßige Ordnung bewahren

Im öffentlichen Dienst fehlen schon jetzt rund 360.000 Menschen und die Zahlen steigen unaufhörlich, auch und gerade in der Polizei und den übrigen Sicherheitsbehörden. Statt endlich auch hier die notwendige Zeitenwende einzuleiten, erscheinen Politiker mit zugenähten Taschen bei Tarifverhandlungen, statt die Chance zu ergreifen, ihren Worten endlich Taten folgen zu lassen und wenigstens für Inflationsausgleich und moderate Einkommensentwicklungen zu sorgen. Sie reisen lieber als Weltenretter um den Globus und lassen derweil ihre Heimat im Stich.

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Nur ein starker Staat ist in der Lage, unsere verfassungsmäßige Ordnung zu bewahren und den Schutzauftrag des Staates gegenüber der Bevölkerung zu erfüllen, ein Grundkonsens, auf dem unser Staatswesen aufgebaut ist.

Stattdessen erleben wir jährlich zigtausendfach, dass der Staat nicht einmal mehr befähigt ist, seine eigenen Beschäftigten zu schützen, nicht in der Polizei, nicht in den Schulen, Krankenhäusern, Rathäusern oder wo auch immer Menschen am Gemeinwohl arbeiten.

Wechsel im Staatsverständnis notwendig

Ein grundlegender Wechsel im Staatsverständnis wäre nötig, um die Attacken auf seine Beschäftigten zu ächten und als das zu identifizieren, was die sind, nämlich Angriffe auf unsere freiheitliche Ordnung insgesamt.

Nötig wäre erstmal ein Grundvertrauen in die eigenen Institutionen und seine Beschäftigten durch die Bevölkerung. Die Politik müsste den Anfang machen, den Staat wieder stark und durchsetzungsfähig machen. Erkennbar ist das bisher nicht.


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